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Frage gestellt deed34fax am 17 Nov 2025.0
Frage: Was ist ihre Meinung hinsichtlich der Nutzung von KI im Zusammenhang mit dem Erschaffungsprozess der Kunst?
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Rose Kaufhold Beantwortet am 17 Nov 2025:
Ich glaube, KI kann ein praktisches Tool sein: zB wenn man schnell ein Video begradigen möchte, es aber nicht perfekt und nur besser sein muss als vorher.
KI kann aber auch, gerade dadurch dass es frei kombinieren kann, Inspiration und Anregungen für eigene Ideen geben um ins Denken zu kommen, zB wenn man die KI einen Ort mit Historie und einem Symbol verbinden lässt oder so.
Ich würde KI auch fragen, was für Assoziationen etwas hervorruft – quasi um abzuchecken, bei wem das wie ankommen könnte.
Entweder auf der Werkzeug- oder auf der Inspirationsebene – überall dazwischen würde ich KI nicht nutzen 🙂 Ich glaube wenn man KI „ganz“ machen lässt, kann dabei sicher etwas herauskommen, was schön aussieht, aber Kunst wird es höchstens, wenn es ein Mensch mit sehr künstlerischem Auge betrachtet 🙂
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Leonie Jungen Beantwortet am 17 Nov 2025:
Das ist eine sehr offene Frage, über die ich lange nachdenken musste und hoffe, dass ich sie richtig verstanden habe.
Ich denke, dass jede:r Künstler:in für sich selbst entscheiden muss, inwiefern er oder sie dazu bereit ist, KI in den Schaffensprozess einzubinden, denn jede:r hat mit anderen Herausforderungen zu kämpfen und identifiziert sich unterschiedlich stark mit der eignen Arbeit. Und man kann es niemandem verübeln, wenn Künstler:innen Profit machen wollen, weil sie auch von etwas leben müssen, deswegen sollten wir uns mit Urteilen generell zurückhalten.
Auf der positiven Seite steht, dass KI ein interessantes Tool sein kann, um aus der gewohnten Arbeitsweise auszubrechen und sich Inspiration zu holen. Ich denke da vor allem an das Austesten von Prompts. Oder um technische Zwischenschritte (z.B. im Tonstudio oder im Filmschnitt) abzugeben. Das kann viel Zeit und Geld sparen, die Künstler:innen meistens nicht haben.
Aus der literaturwissenschaftlichen Perspektive, wo solche technischen Zwischenschritte weniger erfolgen, sehe ich das kritischer. Eine KI könnte maximal ein oberflächliches Lektorat eines Romans vornehmen, in dem Grammatik- und Rechtschreibfehler überprüft werden. Aber KIs arbeiten mit Wahrscheinlichkeiten, deswegen würde ich annehmen, dass originelle Texte am Ende von der KI generischer gemacht werden. Individuelle Schreibstile würden angepasster und austauschbarer, wie wir es jetzt schon bei KI-Textproduktionen sehen. Es fehlt die „Stimme“ oder „Seele“ des Texts. Zugegeben: nicht jede:r schreibt, um des Schreibens willen sondern möchte nur Geld verdienen. KI generierte Romane würde ich daher mit Fast Food oder Social Media vergleichen, die auf schnellen Konsum aber keinen nachhaltigen gesellschaftlichen Beitrag ausgelegt sind.
Auch in der Übersetzung wäre es fatal, auf KI zu setzen, weil kulturelle Kontexte aufgrund der patriarchal westlich-geprägten Trainingsgrundlage der KIs nicht erkannt oder falsch interpretiert werden könnten.
In Gattungen, die auf Formeln beruhen, wie z.B. dem Krimi, hätte KI am Ehesten eine Chance Autor:innen zu ersetzen, aber selbst da überzeugt Originalität am Ende immer am meisten und die kann eine KI (noch) nicht leisten. -
Oliver Ruf Beantwortet am 18 Nov 2025:
KI ist auch hier ein Gesprächspartner im buchstäblichen Sinn: KI hört zu, fragt nach, antwortet, kann Perspektiven aufzeigen, Wissen zur Verfügung stellen. Aber wie bei jedem Gespräch sollte man auch hier selbst genau zuhören, die „richtigen“ Fragen stellen, die Antworten bedenken, sie weiterdenken. Und man sollte das Gespräch prüfen: auf Stimmigkeit, auf Tendenzen, auch im Hinblick auf die eigene Haltung (beispielsweise hinsichtlich der eigenen Moral). Für die Kunst bleibt dabei essentiell, dass sie nicht gezielt geplant und strategisch umgesetzt werden kann. Kunst entfesselt das Unerwartete. D.h. sie kann auch KI ihrerseits entfesseln, aber auch anzünden – und verbrennen.
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Juliane Koglin Beantwortet am 18 Nov 2025:
Allem voran möchte ich kurz anmerken, dass KI – anders als wir Menschen – nicht fühlt, denkt oder erlebt. Alles, was sie erzeugt, basiert auf Daten, Wahrscheinlichkeiten und bestehenden Mustern, weshalb Zuschreibungen wie ‚die KI ist kreativ‘ oder ‚die KI versteht Kunst‘ meiner Meinung nach etwas missverständlich sein können. Dennoch – und da schließe ich mich meinen Vorredner:innen an – kann KI als Werkzeug oder Impulsgeber im künstlerischen Schaffensprozess interessant sein.
Allerdings habe ich den Eindruck, dass in Diskussionen über KI und Kunst oft alles auf Prompting reduziert wird: Man gibt der KI ein paar Stichworte, sie spuckt ein Bild, einen Text oder was auch immer aus – und schon gilt es als „künstlerisch“. Das greift meiner Meinung nach ein bisschen zu kurz und wird der Komplexität von künstlerischer Praxis nicht gerecht. Kunst ist vielschichtiger: Sie lebt von Unbestimmtheit, Irritation und Überraschung.
Und genau da setzt der Einsatz von KI in kreativ-künstlerischen Praktiken meiner Meinung oft an: KI kann solche Prozesse unterstützen oder inspirieren, aber die eigentliche künstlerische Erfahrung, das Experimentieren, Staunen und Reflektieren bleibt menschlich. Kunst entsteht erst durch das bewusste Ausloten von Möglichkeiten, durch Erleben und Interpretation. Tolle Beispiele dafür finden sich bei Ivonne Thein (https://www.ivonnethein.art) oder Ornella Fieres (https://ornellafieres.com) oder auch in den Arbeiten von Birk Schmithüsen (https://www.birkschmithuesen.com) und Simon Weckert (https://www.simonweckert.com) 🙂
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Rahel Flechtner Beantwortet am 18 Nov 2025:
Wenn wir über den Einsatz von KI in kreativen Prozessen sprechen, dann oft als Werkzeug um eine Aufgabe zu erfüllen, ein gutes Bild oder einen guten Text zu generieren. Wenn das nicht klappt und das Ergebnis nicht so ist, wie wir es uns vorgestellt haben, dann sehen wir das oft als „Fehler“. Aber das kann man auch ganz anders sehen. Diese „Fehler“, die Irritationen, können uns inspirieren, wir können die Möglichkeiten und Grenzen von KI austesten, schauen was passiert wenn wir sie anderes einsetzen als es ursprünglich geplant war, damit spielen und so Überraschendes und Neues finden. Wir dürfen meiner Meinung nach KI Tools nicht als „Dienstleister“ verstehen, sondern uns darauf fokussieren, was wir im Austausch und in der Arbeit mit KI spannendes erschaffen können und KI selber auch als Gestaltungsmaterial sehen.
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René Waßmer Beantwortet am 18 Nov 2025: last edited 18 Nov 2025 10:18
Hallo deed34fax,
ich sehe KI momentan (noch) vor allem als Werkzeug oder als Hilfsmittel, um bestimmte Aufgaben zu vereinfachen, etwa das Bearbeiten von Bildern.
Wenn ich aber daran denke, dass Kunst auch unberechenbar, unerwartet, emotional, überraschend sein kann, dann sehe ich eine KI (die weitgehend auf Rechenoperationen beruht) aktuell nicht in der Lage, diese Aspekte von menschlicher Kreativität zu ersetzen.
Aber: Wie rasant sich die Technologie entwickelt, haben wir in den letzten 2-3 Jahren alle miterlebt. Ob also meine Meinung in wenigen Jahren nicht vollkommen widerlegt ist, kann ich auch nicht mit Sicherheit sagen.
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Daniela Schlütz Beantwortet am 18 Nov 2025:
Die Rolle von KI im Schaffensprozess kann man vielleicht mit dem der Fotografie vergleichen. Das ist natürlich nicht ganz analog, aber vielleicht als Denkansatz brauchbar: In ihren Anfängen galt Fotografie auch nicht als Kunst (sondern als dokumentarische Tätigkeit), heute ist das anders. Ich könnte mir vorstellen, dass das mit KI-Tools ähnlich sein wird. Denn auch bei deren Einsatz für die Erschaffung von Kunst wird eine Vision umgesetzt und es werden ästhetische Entscheidungen getroffen.
Ein Beispiel dafür ist die Kunst von David Zauder, der mit KI, wie ich finde, sehr kreative Dinge schafft (https://www.davidarielszauder.com/). Sehr wichtig ist dabei meiner Meinung nach, dass der Einsatz von KI transparent gemacht wird.Und eine Voraussetzung wäre eigentlich, dass alle Künstler:innen, deren Werke für KI-Modelle „ausgewertet“ (man könnte auch sagen geklaut) wurden, gerecht dafür entlohnt werden. Ich hoffe, das bleibt kein Wunschdenken.
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Max Ackermann Beantwortet am 24 Nov 2025:
Wir haben noch gar nicht richtig angefangen, mit ihr zu arbeiten. 😉
Die Entwicklungsgeschwindigkeiten immer neuer Versionen, Modelle und Anwendungsfelder ist enorm.
Und ja, es geschieht gerade schon ganz schön viel auf der Seite der Künstler*innen und Designer*innen und Medienmacher*innen.
Aber ich denke, dennoch wird es dauern.
Vielleicht ja, um auf dem Laufenden zu bleiben … und auch um das Thema „Kunst und Digitalisierung“ nicht allzu sehr auf den Umgang mit KI einzuengen …
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Kommentare
Rose commented on :
@Oliver das ist sehr schade und mMn auch sehr gefährlich, wenn Nachrichten an eine KI als Gespräch verstanden werden.
Eine KI ist kein Gesprächspartner (dieses Verständnis ist nicht nur sehr gefährlich, Vgl Selbstmord https://medium.com/predict/why-did-googles-gemini-ai-tell-a-student-to-please-die-c78770d7be96 , https://www.theguardian.com/us-news/2025/aug/29/chatgpt-suicide-openai-sam-altman-adam-raineetc), da ist kein Mensch, da ist kein Partner, da ist ein Tool, was samplet und je nach Programmierung deine Erwartungen spiegelt und nur für dich (oder den Programmierer) schreibt.
Auch auch philosophischer und rein menschlicher Ebene: bin ich in einem Gespräch mit meinem Gesprächspartner möchte ich den anderen sehen, verstehen, kennen lernen, etwas gemeinsames entwickeln – ich will nicht den gegenüber konsumieren, prompten, um dann hoffentlich irgendetwas von dem, was er sagt, für mich “Nutzen” zu können. Der KI fehlt verstehen, fühlen, kreieren. Wer Dystopie in seinen Alltag trägt macht seinen Alltag und dann alle Beziehungen dystopisch: Hier muss jede:r Einzelne in verantwortungsvollem Kommunikationsverhalten vorangehen und nicht ein Werkzeug mit einem Partner verwechseln, auch nicht auf begrifflicher Ebene.
Oliver commented on :
Ich würde erwidern, dass hinter dieser Antwort eine bestimmte Auffassung bzw. eine Interpretation von „Gespräch“ steht, die sehr subjektiviert, emotionalisiert und entsprechend normalisiert erscheint. Das hat seine Berechtigung, greift aber im Diskurs zu KI und Kunst zu kurz. Auch wenn wir einen Text lesen, befinden wir uns in einem Gespräch mit diesem. Auch wenn wir einen Film sehen. Und auch, wenn wir Musik hören. KI als Technologie imitiert einerseits die menschliche, persönliche Kommunikation. Sie bietet aber auch eine Fläche, an der ein Austausch (sei es von Informationen, Hinweisen, Pfaden ist.) initiiert werden kann. Bei menschlichen Gesprächen geht es nicht zwangsläufig um das Erkennen des Gegenübers, dessen Verstehen, Kennenlernen oder die gemeinsame Entfaltung. Im Grund genommen ist es daher nicht angebracht, überhaupt Mensch und Maschine miteinander 1:1 zu vergleichen. Das Verhältnis muss anders diskutiert werden.
Rose commented on :
Kann ich verstehen!
Je nach Zielgruppe ist ein Text lesen aber kein Gespräch – und mit einem Tool in persönlicher Art und Weise schreiben, bietet bereits genug “Verwechslungsgefahr” – wenn dann ein Wissenschaftler (hier du als quasi Autorität) das “Gesprächspartner”nennt, ist das nicht auf Anhieb zu diferenzieren, was du wirklich meinst – und führt zu den emotionalisierungen und personalisierungen gegenüber ki, die zB zu obigen Zeitungslinks führen können.
Und umgekehrt tatsächliche menschliche Interaktionen und Erwartungen rueckpraegen! Eine gewisse Rücksicht im Ausdruck und nicht-vermischen ist angebracht – und ja, wie du schreibst, das Verhältnis anders diskutiert 🙂