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Frage gestellt draw34aba am 25 Nov 2025.0
Frage: Ich möchte gerne wissen wie sich die KI–Kunst von der anderen Kunst unterscheidet?
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Juliane Koglin Beantwortet am 25 Nov 2025:
Das ist eine sehr spannende Frage – und gar nicht so leicht zu beantworten, weil „KI-Kunst“ eigentlich ein Sammelbegriff ist, unter dem sehr unterschiedliche Praktiken zusammengefasst werden ein Sammelbegriff ist, unter dem sehr unterschiedliche Praktiken und Kunstsparten zusammengefasst werden wie z.B. Gemälde, Skulptur, Perfromance, aber auch Musik – leider kenne ich mich damit nicht so gut aus, aber dafür haben wir ja andere Expert:innen hier 😌
Trotzdem lassen sich ein paar grundlegende Unterschiede benennen:1) Abhängigkeit von bestehenden Daten
KI kann nichts „aus sich heraus“. Alles, was sie erzeugt, ist abhängig von dem, was zuvor in Form von Bildern, Texten, Musik usw. von Menschen eingespeist wurde. Insofern ist KI-Kunst immer indirekt mit bereits existierenden Werken (oder anderen Artefakten) verbunden – auch dann, wenn das Ergebnis neu aussieht.2) Rolle der Künstler:innen
Bei KI-Kunst verschiebt sich der Schwerpunkt: Statt selbst jeden Strich oder Ton zu setzen, gestalten Künstler:innen oft Werkzeuge, Abläufe oder Regeln, mit denen sie die KI steuern. Das kann sehr kreativ sein – aber es ist eine andere Form von Autor:innenschaft. Einige nutzen KI als Inspiration, andere zur Ideenfindung, wieder andere als Material, das sie anschließend verfremden oder weiterentwickeln.3) Unbestimmtheit und Reflexion
Viele künstlerische Arbeiten mit KI thematisieren gerade das, was KI verbirgt: die Datenstrukturen, Verzerrungen, Unsicherheiten oder blinden Flecken. Beispiele sind etwa Simon Weckert, Birk Schmithüsen https://www.birkschmithuesen.com, Ivonne Thein https://www.ivonnethein.art oder Ornella Fieres https://ornellafieres.com.
Ihre Werke zeigen nicht einfach „KI-Bilder“, sondern machen sichtbar,
wie KI funktioniert – und was sie ausblendet.4) Ästhetische Erfahrung
Am Ende zählt aber immer die Frage: Was löst das Werk beim Betrachten aus?
In diesem Punkt sind KI-Kunst und nicht-KI-Kunst gar nicht so verschieden: Beide können irritieren, berühren, begeistern, provozieren oder zum Nachdenken anregen.👉 KI-Kunst unterscheidet sich weniger im „Was“ wir sehen, sondern mehr im „Wie“ sie entsteht und wie sie mit Technologie und Daten umgeht. Und genau daraus entsteht eine neue, eigenständige künstlerische Praxis.
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Max Ackermann Beantwortet am 25 Nov 2025:
Das ist eine, wie ich finde, großartige Frage.
Simple, aber vielleicht verblüffende Antwort:
Wenn KI-Kunst Kunst ist und als solche akzeptiert wird, unterscheidet sie sich gar nicht.
Das heißt, sie wird als etwas betrachtet, was Menschen stark bewegen, berühren, vielleicht sogar verändern kann, als etwas, das unseren Geist und/ oder unsere Gefühle anspricht. Das uns betrifft, indem wir uns erkennen. Das uns in andere Zustände versetzen kann. etc. etc.
Wenn aber ihre Entstehung im Vordergrund steht, könnte es sein, dass wir sie gar nicht erst als Kunst akzeptieren.
Andererseits birgt die Kunst-, Musik- und Literaturgeschichte immer wieder Beispiele, in denen etwas eben nicht als Kunst, Musik oder Literatur akzeptiert wird, später aber schon.
Heute ist vor allem die Frage, wie hoch der menschliche Anteil sein muss (und wohl auch: wie stark auf Menschen abgezielt werden muss), um als Kunst akzeptiert werden zu können.
Nur zur Erinnerung … in der Vergangenheit hatten wir so Fragen wie …
– Welche Rolle darf der Zufall spielen? (Aleatorik, Action painting etc.)
– Welche Rolle muss Bedeutung spielen? (Abstrakte Kunst, Asemic Writing, DADA etc.)
– Was ist der Eingriff und die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern? (Ready-mades, Konzeptkunst, Collagen etc.)
– Welche Rollen spielen Medien? (vgl. Fotografie, Video, Maschinen, Installationen, Performances etc.)
– Wie „schön“ muss Kunst sein? (Symbolismus, Expressionismus, Naturalismus)
usw. usw. usw. -
Vincent Fröhlich Beantwortet am 25 Nov 2025:
Momentan – das kann sich schnell ändern – ist KI-Kunst häufig zu perfekt oder die Bilder haben noch die üblichen KI-Fehler (zum Beispiel zu viele Finger oder komische Hände, falscher Schattenwurf etc.). In einer Studie von Malte Högemann haben immerhin noch 63,7% der KI-Bilder als solche erkannt. Die Begründung: Die Bilder seien zu perfekt. Bei dem besonders auf Fotorealismus ausgelegten Modell „FLUX.1-dev“ aber ist die Quote schon nur noch bei 30 Prozent. Du siehst, es kommt auch sehr stark auf die Art der Kunst an und die KI-Modelle. Fotorealismus kann die KI inzwischen ziemlich gut, vielleicht zu gut, dass es wieder auffällig ist. Andere Kunst wie bspw. abstrakte Kunst oder anspruchsvolle Lyrik kann die KI nicht zu gut, weil Sie Ambiguität und Leerstellen nicht (vielleicht noch nicht) herstellen kann.
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Annette Gerok-Reiter Beantwortet am 25 Nov 2025:
Vieles wurde schon super gesagt. Ich möchte nur eines hinzufügen: Der für mich größte Unterschied liegt in der Frage der Medialität, oder genauer: der Möglichkeit zur sinnlichen Erfahrung: Wenn ich eine Ölmalerei sehe, dann sehe ich nicht nur Farbe, sondern erfahre auch das Material: Wie dick, wie dünn ist der Farbauftrag? Kann ich das ertasten? Riecht die Farbe? Welche Bewegung hat der Pinsel mit ihr gemacht? Etc. Dazu kommt die Raum- und Körpererfahrung: Nicht nur ich begegne dem Bild, sondern auch mein Körper begegnet einem Bildkörper … Entsprechend kann man das auf Musikperformances oder etwa Lyrikperformances übertragen: der Live-Aspekt ist da wichtig … und der umfasst: hören, sehen, richen, tasten, schmecken, die Stimmung im Raum, die Gemeinschaft etc.
Das elektronische Medium kann diese Vielfalt der sinnlichen Eindrücke nicht erreichen, dafür kann es anderes … Der Unterschied ist also nicht zwingend mit einer Wertung verbunden.
Da aber die sinnliche Vermittlugng von Kunst immer zur Ästhetik gehört hat, muss man das mitdenken ….
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Katharina Fezer Beantwortet am 25 Nov 2025:
Die anderen Antworten enthalten schon sehr viele Aspekte. Ich möchte nur noch etwas zum Unterschied zwischen KI-Gedichten und menschengemachten Gedichten hinzufügen:
Im letzten Jahr haben Forschende aus den USA einen Versuch gestartet. Sie wollten wissen: Können Menschen es erkennen, ob ein Gedicht von einer KI verfasst wurde oder von einem anderen Menschen? Die Leute, die an dem Versuch teilnahmen, bekamen also Gedichte zu lesen, von denen ein Teil von sehr bekannten Autor:innen (z.B. Shakespeare) stammte und ein Teil von ChatGPT generiert worden war (ungefähr mit dem Befehl: „Schreibe ein Gedicht wie Shakespeare!“
Das Ergebnis: Oft wurde die KI-Kunst für menschengemacht gehalten und die menschengemachte Kunst für KI-Kunst. Die KI-Gedichte gefielen außerdem meistens besser, sie wurden als „schöner“, „harmonischer“ und „verständlicher“ bezeichnet.Was heißt das nun?
Das heißt nicht, dass KI prinzipiell bessere Gedichte schreibt. Sie schreibt wohl nur meist etwas einfachere, etwas leichter zugängliche Sachen.
Das heißt auch nicht, dass es keinen Unterschied zwischen beiden Arten von Gedichten gibt. Einen Menschen, der ein Gedicht verfasst hat, könnte man fragen: Was meinst Du mit diesem Wort, mit diesem Satz? Und er könnte es erklären.
Die KI könnte das nicht.
Die KI hat zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Gedicht geschrieben, weil es ihr so befohlen wurde.
Ein Mensch hat zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Gedicht geschrieben, weil er ein bestimmtes Erlebnis hatte – weil er traurig, glücklich, verliebt, nachdenklich… war.
Dieses Wissen um die Entstehungsbedingungen macht das Gedicht dann noch interessanter – deshalb lese ich selbst auch lieber Gedichte, bei denen ich mir sicher bin, dass sie von Menschen geschrieben wurden. 🙂
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