• Frage: Empfinden Sie KI als Bedrohung für Ihren Beruf?

    Frage gestellt ands34ark am 18 Nov 2025.
    • Foto: Lisa Weinberger

      Lisa Weinberger Beantwortet am 18 Nov 2025: last edited 18 Nov 2025 9:02


      Ehrlich gesagt: nein!

      Gerade in der Mediävistik (mittelalterliche Sprache und Literatur) gibt es noch viele Bereiche, in denen die KI an ihre Grenzen kommt.

      – Zum Beispiel habe ich ausprobiert, ob sie Mittelhochdeutsch (das ist die deutsche Sprache im Mittelalter) zuversichtlich übersetzen kann – Fehlanzeige. 😉

      – Es fällt der KI auch schwer, Feinheiten in mittelalterlichen Texten zu interpretieren. Manchmal macht die richtige Übersetzung oder Interpretation eines einzelnen Wortes die ganze Bedeutung eines Textabschnitts aus – da fehlt der KI das Feingefühl, für das wir jahrelang ausgebildet wurden.

      – Ein weiterer Punkt ist die Nutzung von Handschriften. Viele Handschriften gibt es zwar schon digital, doch fragt man ChatGPT nach dem Inhalt, kommt meistens nur Quatsch raus! 😉 Das liegt vor allem daran, dass die Handschriften aus dem Mittelalter sehr individuell gestaltet sind: manchmal sind sie sauber geschrieben, manchmal chaotisch, manchmal von mehreren Händen. Manchmal sehen Handschriften aus wie unordentliche Schulhefte und dann kann KI gar nichts sinnvoll zuordnen. 😉

      KI kann aber natürlich an anderen Stellen auch ein Hilfsmittel sein! Wenn ich zum Beispiel einen Abschnitt geschrieben habe und mich frage, ob darin ein Komma fehlt. Oder wenn ich in Word arbeite und mich nicht mehr erinnern kann, wie ich zum Beispiel Seitenzahlen formatiere – da hat KI eine schnelle Antwort.

      Es gibt also viele Bereiche, in denen KI (noch) das gewisse Etwas und das Feingefühl fehlt, was ich aber jahrelang während des Studiums gelernt habe. 🙂

    • Foto: René Waßmer

      René Waßmer Beantwortet am 18 Nov 2025:


      Hallo ands34ark,

      der Bereich der Wissenschaft, in dem ich tätig bin, also die Literaturwissenschaft, lebt ganz klar vom menschlichen (!) Austausch zwischen einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Wir diskutieren leidenschaftlich gerne über Literatur aus vergangenen Zeiten, aber auch aus der Gegenwart. Wenn nun nur noch künstliche Intelligenzen miteinander kommunizieren würden, dann würde der Sinn meines Berufs vollständig verloren gehen. Wir müssten uns also quasi ’selbst abschaffen‘ und das werden wir (hoffentlich) nicht tun. Deshalb empfinde ich KI momentan nicht als Bedrohung.

      Zugleich muss man aber sagen, dass KI unseren Alltag verändert. Das betrifft vor allem die Arbeit mit den Studentinnen und Studenten im Bereich der Lehre. Wir diskutieren beispielsweise aktuell darüber, ob künftig statt Hausarbeiten doch eher Klausuren oder mündliche Prüfungen eingesetzt werden sollen, weil bei diesen die Betrugsgefahr durch KI geringer ist.

    • Foto: Leonie Jungen

      Leonie Jungen Beantwortet am 18 Nov 2025:


      Nicht als direkte Bedrohung, aber definitiv als indirekte!

      Als Literaturwissenschaftlerin habe ich der KI eine entscheidende Fähigkeit voraus und das ist u.a. das kritische Denken. Eine KI kann meinen Job nicht übernehmen, weil ich verstehe, welche Werkzeuge ich für welche Texte anwenden muss und welche nicht. Eine KI entscheidet das basierend auf Wahrscheinlichkeiten, nicht aber auf Basis von methodischem Vorgehen wie ich es anwende. Das sind zwei unterschiedliche Arbeitsprozesse.

      Allerdings bereitet es mir große Sorge, wie selbstverständlich und unkritisch KI in der breiten Masse u.a. auch von Studierenden verwendet wird und wie bereitwillig wir unsere Denkprozesse an fehlerhafte Maschinen abgeben. Wenn man sich dann die steigende Skepsis gegenüber Wissenschaft und echter Expertise in der Bevölkerung anschaut, empfinde ich KI definitiv als Bedrohung für meinen Beruf.

    • Foto: Annette Gerok-Reiter

      Annette Gerok-Reiter Beantwortet am 18 Nov 2025: last edited 18 Nov 2025 12:16


      Ich bin ja Dozentin für Literatur. Aus dieser Perspektive würde ich sagen: Bedrohlich ist KI dort, wo sie genutzt wird, um eigene Leistungen vorzutäuschen (etwa bei Hausarbeiten). Das ist Plagiat und da geht es um Betrug. Das ist dann besonders traurig, da sich die Studierenden, die so vergehen, nicht zutrauen, selbst zu denken und zu formulieren. Das würde die universitäre Ausbildung unterlaufen und ist insofern bedrohlich.
      In vielen Bereichen kann KI in der Lehre und beim eigenen Arbeiten auch behilflich sein (z.B. Literatur suchen, Übersetzungen gängiger Fremdsprachen nutzen etc.). Allerdings braucht man immer ein Vorwissen, um zu sehen, ob die Information richtig ist. Bisher ist es so, dass KI auch manchmal einfach Literaturangaben erfindet. Das ist dann ziemlich katastrophal.
      Insgesamt kann KI Lehrende also nicht ersetzen, zumindest nicht Lehrende, die sich mit Literaturwissenschaften und Künsten (auch KI-Kunst) beschäftigen. Denn bisher gehört zur Lehre an der Uni, dass man sehr indviduell in den Seminaren, aber auch in Sprechstunden auf Details der Texte, aber ebenso auf Vorstellungen der Studierenden eingeht. Dieser sehr persönlich geprägte Austausch ist für die Motivation und den Wissenserwerb sehr wichtig. Denn man unterrichtet ja nicht nur Inhalte, sondern gibt auch Haltungen, Erfahrungen, Vorgehensweisen weiter. Im persönlichen Gespräch und Austausch läuft also eine ganze Menge an Informationen mit, die beim maschinellen Austausch eher unter den Tisch fallen.

    • Foto: Daniela Schlütz

      Daniela Schlütz Beantwortet am 18 Nov 2025:


      Sagen wir mal so: Es gibt Licht und es gibt Schatten, denn KI greift in alle Prozesse ein und verändert sie grundlegend. Manche Dinge werden leichter mit KI, z.B. nutze ich selber gelegentlich KI-Tools, um Arbeitsprozesse zu vereinfachen, DeepL ist bspw. sehr hilfreich für den zweisprachigen Email-Verkehr an unserer Uni und z.T. auch bei englischsprachigen Veröffentlichungen.
      Ich beobachte aber auch, wie stark das Wissenschaftssystem von KI verändert wird. Es wird z.B. immer schnellebiger, weil Forschung beschleunigt wird durch den Einsatz entsprechender Tools. Und da ist es nicht einfach mitzuhalten, wenn man nicht an einer großen Universität arbeitet, die genug Geld hat, um ihren Mitarbeiter:innen entsprechende Abos zu finanzieren. Oder auch, wenn man lieber anders arbeitet, weil man den Tools vielleicht nicht genug Vertrauen schenkt. Dafür gibt es ja durchaus Gründe genug 😉
      Und insbesondere für die Lehre sehe ich viele Herausforderungen: Welche Kompetenzen sind für zukünftige Absolvent:innen wichtig? Was soll ich meinen Studierenden beibringen, damit sie gut gerüstet in die Berufswelt starten? Wie gestalte ich meine Lehre und meine Prüfungen, damit sie diese Kompetenzen schulen und abprüfen? Und nicht zuletzt: Wie schaffe ich es selbst, auf dem Laufenden zu bleiben?
      Kurz: Vielleicht keine Bedrohung, aber mindestens eine große Herausforderung.

    • Foto: Katharina Fezer

      Katharina Fezer Beantwortet am 18 Nov 2025:


      Als Bedrohung empfinde ich KI nicht – höchstens dann ganz kurz, wenn jemand mir, der Sprachwissenschaftlerin, zu erklären versucht, dass man keine Sprachen mehr lernen muss, weil KI sowieso alles übersetzen kann. Dann kann ich aber jedes Mal beweisen, dass KIs (z.B. DeepL) beim Übersetzen in einigen Bereichen immer noch grandios scheitern. Und dann bin ich wieder beruhigt.
      Manchmal hilft mir KI auch weiter, zum Beispiel bei der Korrektur englischer Texte. Den Kopf darf ich dabei trotzdem nicht ausschalten, KI kann nämlich wirklich nicht alles.
      Ansonsten empfinde ich KI eher als nervig, vor allem dann, wenn Student:innen die Texte, die sie abgeben und die ich benoten soll, nicht mehr selbst schreiben, sondern von einer KI haben machen lassen. Ich hoffe aber, möglichst viele meiner Studierenden davon überzeugt zu haben, dass es sich immer noch lohnt (und immer lohnen wird), selbst nachzudenken. Auch diese – wie ich finde, wichtige – Überzeugung könnte eine KI nicht an meiner Stelle vertreten.

    • Foto: Anna Sophie Ruhland

      Anna Sophie Ruhland Beantwortet am 18 Nov 2025: last edited 18 Nov 2025 15:25


      Als Archäologin kann ich dazu ganz klar sagen: Nein. Sicher gibt es Teilbereiche meines Berufs, in denen KI eine immer größere Rolle spielt und viele Prozesse vereinfacht und beschleunigt, zum Beispiel bei der Bildbearbeitung, oder beim Prozessieren von Ausgrabungsdaten. Aber alles, was mit „hands on“-Arbeit zu tun hat, wie das Ausgraben oder Dokumentieren von antiken Objekten inklusive einer Beschreibung und Beurteilung des antiken Materials, zu dem auch haptische Erfahrungen zählen, sehe ich nicht gefährdet. Dazu kommt der persönliche Austausch zwischen Wissenschaftler*innen, gemeinsames Teilen von Gedanken, Erfahrungen, etc. Das kann keine KI ersetzen – zumindest bisher.

    • Foto: Oliver Ruf

      Oliver Ruf Beantwortet am 18 Nov 2025:


      Ganz und gar nicht. Weil Berufe sich immer ändern, vor allem, wenn Neues in die Berufswelt einwandert. Zum Beispiel die Benutzung und der Einsatz von Medien. Das hat auch die Kunst in welcher Form auch immer immer schon verändert. Bzw. auch erneuert. KI ist nur ein weiterer Baustein in dieser Art und Weise der Veränderung.

    • Foto: Juliane Koglin

      Juliane Koglin Beantwortet am 19 Nov 2025:


      Ich kann mich auch hier nur anschließen: Ich sehe KI nicht als Bedrohung für meinen Beruf. Für mich als Medienpädagogin eröffnen sich vielmehr neue Aufgabenfelder: Es geht jetzt viel darum, wie wir kreative und reflektierte Zugänge zu komplexen technologischen Systemen schaffen können und wie wir diese für unsere Zwecke sinnvoll nutzen.

      Auch aus Forschendensicht sehe ich keine Gefahr. Zwar gibt es bereits KI-Tools, die zum Beispiel die Dokumentation oder Auswertung qualitativer Daten erleichtern können, aber die eigentliche Analyse, Interpretation und das kritische Hinterfragen bleiben menschliche Tätigkeiten. Forschung, Lehre und Vermittlung leben von Reflexion, Urteilskraft und Erfahrung, Fähigkeiten, die KI nicht ersetzen kann.

      Insgesamt bedeutet die zunehmende Verbreitung von KI also nicht Bedrohung, sondern Erweiterung der Möglichkeiten – mit neuen Chancen, die Technologien zu verstehen, zu gestalten und kreativ einzusetzen.

    • Foto: Max Ackermann

      Max Ackermann Beantwortet am 24 Nov 2025:


      Nein, gar nicht. … aber vielleicht als Bedrohung für die Berufswünsche meiner Studierenden. Da ist immer noch einiges an Unsicherheit im System. Unter anderem deshalb, weil die Veränderungsprozesse recht komplex sind.

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