• Frage: Moin, denken sie, dass unsere Charts bald von KI generierter Musik und unsere Museen von KI generierter Kunst dominiert werden? Wenn ja, sehen sie dies als positiv oder negativ?

    Frage gestellt many34arc am 19 Nov 2025.
    • Foto: Leonie Jungen

      Leonie Jungen Beantwortet am 19 Nov 2025:


      Moin zurück 😊

      ohne Expertin für Musik zu sein, glaube ich das ehrlichgesagt nicht. Wir werden sicher mehr KI-Einsatz in der Musik erleben, aber mit welchem Ausmaß und ob das dann auch erfolgreich sein wird, sind andere Fragen. So, wie KI momentan funktioniert, vereinheitlicht sie zumindest bei der Textproduktion viel und meist sind doch die Künstler:innen am erfolgreichsten, die sich von der Masse abheben und einen eigenen, originellen Stil haben – sowohl in der Musik als auch in allem drum rum. Da kann KI vielleicht anfänglich hilfreich sein, aber auf Dauer würde das wieder alles zu einer einheitlichen Masse verschwimmen.

      Bei Museen ist das wieder ein anderer Kontext. Das sind Räume, die für den menschlichen Austausch gedacht sind und die eine Verantwortung für die Erzählung des kulturellen Gedächtnisses einer Gesellschaft tragen. Bestimmt wird es auch Museen geben, die KI-Bilder ausstellen werden, weil es zum Zeitgeist dazugehört, aber außer dem anfänglichen Neuheitseffekt kann ich mir keinen Mehrwert vorstellen, den KI für ein Museum hätte. Egal ob Kunst- oder Technikmuseen, der Fortschritt und die Sichtweise des Menschen auf die Welt stehen immer im Mittelpunkt.

      Eine kurze Recherche hat ergeben, dass es jetzt tatsächlich das erste KI-Museum in L.A. geben soll, aber auch da geht es um die Schnittmenge von menschlicher Vorstellungskraft und KI (https://www.theguardian.com/us-news/2024/sep/25/ai-art-museum-los-angeles-dataland). Und wenn Museen nicht gerade kostenlos sind, wie es hier zum Großteil in Großbritannien der Fall ist, dann muss es einen guten Grund geben, warum Menschen dafür Eintritt zahlen sollen, sonst erhalten sich die Museen nicht. Wie rechtfertigt man das mit von KI generierter Kunst?

    • Foto: Lisa Weinberger

      Lisa Weinberger Beantwortet am 19 Nov 2025:


      Morgen! 🙂

      Ich bin keine Musikwissenschaftlerin aber großer Fan von vielen verschiedenen Musikrichtungen. Und das Wichtigste dabei ist ja: Die Menschen dahinter! Wir gehen auf Konzerte, um die Künstler:innen zu sehen. Wir erkennen ihre Stimmen, lieben ihre Choreos und ihren Content. Ich denke, dass KI uns das niemals nehmen kann.

      Es gibt aber tatsächlich schon virtuelle KI-Gruppen. Ich denke, dass die eine eigene Fan-Base haben – und das hat bestimmt auch seine Daseinsberechtigung. Es könnte also in Zukunft eventuell ein Nebeneinander geben. Hier ein Beitrag, den ich beim Googeln gefunden habe: https://netzpolitik.org/2023/neue-k-pop-generation-virtuelle-idole/

      Dass diese dominieren werden, kann man natürlich so nicht beantworten. Ich denke, es werden eigene Fandoms um sie herum gebildet – aber das schließt die Existenz von der Musik, die wir sonst konsumieren nicht aus.

      Bei Museen steht, wie meine Kollegin bereits beantwortet hat, vor allem der Austausch im Vordergrund. Museen sammeln ja auch in einem bestimmten Kontext oder zeigen Ausstellungen zu bestimmten Themen. Erst letztes Jahr hat mein Projekt beispielsweise Frühdrucke aus dem Spätmittelalter im Schlossmuseum Tübingen ausgestellt. Das war ein bestimmtes Interesse, aus dem heraus die Ausstellung entstanden ist. Es könnte also durchaus irgendwo und irgendwann eine Ausstellung zu KI generierter Kunst geben. Das alles hat also stark was mit dem Thema und dem Interesse des Museums und der Menschen zu tun. Ich denke aber nicht, dass das eine das andere ablösen wird. Viel mehr kommt da etwas Neues hinzu.

    • Foto: Max Ackermann

      Max Ackermann Beantwortet am 19 Nov 2025:


      Gute Frage … Und: Ebenfalls Moin …

      Aber auf sowas zu antworten, hat ja immer was von Vorhersage. Und die sind ziemlich schwierig. Weil bei der Entwicklung der Zukunft immer so viele unterschiedliche Dinge eine Rolle spielen.

      Es ist anzunehmen, dass all diese Bereiche wichtiger werden und häufiger vorkommen. Das zeichnet sich ja jetzt schon ab … sehr viel mehr KI-generierte Videos auf YouTube (in Teilen oder ganz von KI), sehr viel mehr (!) KI-generierte Musik auf Spotify, eine ganze Reihe von Ki-Elementen in Social Media (automatische Übersetzungen und ganze Posts, auch ganz häufig automatisierte, algorithmische Reaktionen).

      Im Moment fühlt es sich noch wie ein Skandal an, wenn Ki-generierte Musik in die Charts kommt. Dazu vielleicht der Hinweis auf „Breaking Rust“ u.a. … siehe https://t3n.de/news/spotify-und-billboard-diese-ki-songs-stuermen-aktuell-die-charts-1717006/

      Museen haben ja meist eher die Aufgabe, das Vergangene zu zeigen. Das, was Menschen (aus welchen Gründen auch immer) für wichtig halten. In Kunst-Museen zum Beispiel.

      Ausnahmen sind da … Museen für moderne Kunst (wobei es da auch wieder die Frage gibt, ob man auch „zeitgenössische Kunst“ ausstellt, also Kunst aus unserer Gegenwart). Und … manche Ausstellungen … die sind häufiger auf Gegenwartskunst bezogen.

      Wieder etwas anders verhalten sich da Technik-Museen. Die eher Technik zeigen … und nicht immer die Inhalte oder Formen (also: auch Kunst) im Blick haben.

      Ob ich das alles selber gut finde?

      Schwierig. Ich persönlich mag und schätze Kunst (und Musik und Literatur) und Medien von Menschen (und für Menschen). So einfach ist das.

      KI kann durchaus dabei _helfen_, so etwas zu schaffen. Aber nicht, indem sie einfach _alles_ übernimmt, was sonst Menschen tun.

    • Foto: Daniela Schlütz

      Daniela Schlütz Beantwortet am 19 Nov 2025:


      Da die anderen schon so wunderbar differenziert geantwortet haben, vereinfache ich: Charts ja, Museen nein. Man geht heute schon davon aus, dass das Internet zu mehr als 50% von Bots bespielt wird und zwar verrückterweise sowohl beim Erstellen von Content wie bei der „Nutzung“, was hier heißt beim Engagement (also dem liken, kommentieren etc.). Die algorithmische Logik belohnt KI-Content. In Museen ist das anders, denn dort spielt das Kuratieren eine große Rolle und das übernehmen Menschen und nicht Algorithmen.
      Reinen, algorithmisch ausgespielten KI-Content möchte ich weder im Netz noch im Museen sehen. Aber überall, wo talentierte Menschen und deren Input eine Rolle spielt, wird es spannend.

    • Foto: Vincent Fröhlich

      Vincent Fröhlich Beantwortet am 19 Nov 2025:


      Hey, gute Frage und natürlich kann ich hier auch nur spekulieren. Die vollständige Dominanz von KI-generierter Musik in den Charts oder KI-erzeugter Kunst in Museen halte ich kurzfristig für unwahrscheinlich. Zwar gibt es bereits Beispiele – etwa vollständig KI-kuratierte virtuelle Bands wie die vielzitierte koreanische Gruppe Etern!ty und Velvet Sundwon. Aber Mainstream-Erfolg entsteht nicht allein aus klanglicher Passfähigkeit. Auch Identifikation, Star-Persona, Live-Präsenz etc. spielen eine Rolle: Was wären unsere Popstars ohne ihre Person, die Musik ist nur ein Aspekt unter vielen.
      Am stärksten ist die „Gefahr“ tatsächlich im Bereich der Charts, denke ich. Dort funktionieren viele Produktionen über algorithmisch vorhersehbare Muster, Wiedererkennbarkeit und einen möglichst großen gemeinsamen Nenner. Zugleich könnte man aber auch positive Vorhersagen machen: Musikproduktion wird zunehmend niedrigschwelliger, und damit vielleicht auch für Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten leichter umsetzbar, weil KI einzelne Produktionsschritte unterstützt oder automatisiert. Das senkt Einstiegshürden und könnte Kreativität zugänglicher machen – vielleicht.

      Paradoxerweise könnte auch die leichte Generierbarkeit des Mainstreams dazu führen, dass menschliche Musiker:innen wieder stärker auf individuelle Handschrift, Abweichung und Besonderheit setzen – schlicht weil das Normgerechte jederzeit maschinell produzierbar ist.

    • Foto: Oliver Ruf

      Oliver Ruf Beantwortet am 20 Nov 2025:


      Genau das findet bereits statt, allerdings auf unterschiedlicher Ebene: Während KI-Kunst bereits Bestandteil von Ausstellungen in Museen ist und hier eine eigene Kunstgattung ausbildet, wird KI-Musik kommerziell innerhalb der Musikindustrie verwertet. Das Erstgenannte zeigt eine künstlerische Entwicklung, das zweite eine marktorientierte Tendenz. Dominanz findet bislang nur im Letztgenannten statt, was zu bedauern und auch zu kritisieren ist.

    • Foto: René Waßmer

      René Waßmer Beantwortet am 21 Nov 2025:


      Moin many34arc,

      dass Charts und/oder Museen in naher Zukunft von KI-generierten Inhalten dominiert werden, glaube ich nicht. Bei Museen glaube ich das vor allem deshalb nicht, weil hier ja oft Bilder aus ganz verschiedenen Zeiten ausgestellt werden, also auch aus dem Mittelalter, dem Barock etc. Eine Ausnahme könnten vielleicht Museen sein, die sich auf gegenwärtige Kunst konzentrieren. Aber auch hier bin ich eher skeptisch. Mein Gefühl sagt mir, dass es auch immer Künstlerinnen und Künstler geben wird, die sich dem Trend widersetzen und nicht mit KI arbeiten.

      Bei den Charts kommt es vielleicht darauf an, inwieweit KI in der Lage sein wird, auch ganz verschiedene Musikstile zu erschaffen. Die KI-generierte Musik, die ich bislang gehört habe, klingt allerdings meistens eher eintönig und gleichförmig. Andererseits: Wenn natürlich die Mehrheit genau das hören will, wird solche Musik natürlich auch weit vorne in den Hitlisten landen.

    • Foto: Friedhelm Bruns

      Friedhelm Bruns Beantwortet am 21 Nov 2025:


      Moin!
      Nein, das denke ich nicht.

      Führen wir uns einen Aspekt bewusst vor Augen: Die künstlichen Intelligenzen funktionieren derzeit nur, indem wir, die Menschen, ihnen den entsprechenden Input und die genauen Aufgaben („Prompts“) geben. Die künstlichen Intelligenzen arbeiten dann mit dem Input, ohne selbst aber künstlerisch oder kreativ zu arbeiten oder eben diesen Schaffensprozess zu durchlaufen. Sie „reproduzieren“ Elemente neu.

      Ich bin überzeugt davon, dass die Menschheit sehr schnell das Interesse an KI-generierten künstlerischen Inhalten verlieren und die „handgemachte“ Kunst wieder an Wert gewinnen wird.

      Hierzu empfehle ich auch zwei Dokumentationen auf arte:
      1. „KI – Der Tod des Internets“
      2. „Kann uns KI-Musik berühren?“

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